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Fliegen in Hochstimmung
von Dr. med. Samuel Huber, 21. Mai 1999
 
Dr. med. Samuel Huber
Dr. med. Samuel Huber ist Verbandsarzt des AeCS
Bemerkenswert, weil oft unbemerkt: Sauerstoff-mangel bringt eine deutliche Leistungsminderung mit sich.

Gehört haben alle schon davon, erlebt haben es die meisten, doch davon erzählen können die wenigsten: Sauerstoffmangel. Der Grund dafür liegt darin, dass leichter Sauerstoffmangel kaum wahrnehmbare Veränderungen hervorruft. Starker Sauerstoffmangel wirkt -euphorisierend und einschläfernd, so dass die -Symptome zwar deutlich vorhanden sind, selber jedoch nicht mehr richtig wahrgenommen werden können. Ein immer wieder erlebtes (deutliches) Beispiel für Sauerstoffmangel ist, wenn auf einem Rundflug in die Berge die Passagiere tief und fest schlafen nur um nach der Landung zu erzählen, dass sie noch nie einen so schönen und ruhigen Flug erlebt hätten...
 
Symptome
Jeder Mensch hat ein eigenes -Muster von Symptomen, die bei Sauerstoffmangel (Hypoxie) auftreten. Die einzige Möglichkeit dieses Muster kennenzulernen ist, sich bewusst einer Hypoxie (z.B. in einer Unterdruckkammer) auszusetzen. Die Symptome, die dabei auftreten können, sind mannigfaltig. Die häufigsten seien hier kurz aufgeführt: Schnelle und tiefe Atmung (Hyperventilation); Kribbeln in den Füssen, Händen und im Gesicht; Schwindel; Veränderungen im Farben-sehen; Einengung des Gesichtsfeldes; Euphorie, Schläfrigkeit. -Sauerstoffmangel tritt bereits in Höhen um 10000 ft (3300 m ü. M.) auf und bewirkt einen Anstieg der Herz- und Atemfrequenz sowie eine diskreteHerabsetzung der intellektuellen Leistungsfähigkeit, ähnlich dem Effekt von Alkohol. 1997 ist eine Untersuchung der Amerikanischen Luftfahrtbehörde (Federal Aviation Administration, FAA) erschienen, welche zeigte, dass die Fehlerrate vor allem während arbeitsintensiverer Abschnitte wie dem Descent und Approach zu einem Flugplatz im Vergleich zu Anflügen aus geringeren Höhen signifikant zunimmt. Besonders interessant dabei ist, dass die Herabsetzung der Leistungsfähigkeit von den -Piloten nicht bemerkt wurde, obwohl gehäuft Kommunikationsfehler und Verfahrensfehler (vergessene Checks, falsche Procedures) auftraten 1). Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass in einigen Airlines diskutiert wird, das Tragen von Sauerstoffmasken in der Appro-ach-phase für obligatorisch zu erklären. In Linienflugzeugen wird der Kabinendruck bei ca. 2500 Meter über Meer gehalten.
 
Ist ein Training möglich?
Die einzige Möglichkeit, die individuelle Leistungsfähigkeit bei Sauerstoffmangel zu verbessern ist, sich längere Zeit (länger als einen Monat) in grösseren Höhen ab ca. 3500 Meter über Meer aufzuhalten. Hingegen findet bei nur kurzen Phasen von Sauerstoffmangel, zum Beispiel durch häufiges Aufsteigen in grössere Höhen, kein Trainingseffekt statt. Gletscherpiloten, die im Flachland stationiert sind, sind demnach nicht besser auf Sauerstoffmangel trainiert als andere Flachlandpiloten.
 
Vorsicht bei Müdigkeit
Krankheit, Müdigkeit sowie Rauchen vermindern die Toleranz -gegenüber Sauerstoffmangel. Es ist wohl hinlänglich bekannt, dass das Führen eines Flugzeuges bei Krankheit und Übermüdung prinzipiell nicht empfehlenswert ist. Beim Rauchen entsteht Kohlenmonoxid (CO), welches die Transportkapazität des Blutes für Sauerstoff deutlich herabsetzt. Ein starker Raucher kann sich bereits auf Meereshöhe auf einer physiologischen Druckhöhe von bis zu 10000ft befinden, weshalb Sauerstoffmangelerscheinungen dementsprechend früher auftreten können.
 
1) Effects of Mild Hypoxia on Pilot Performances at General Aviation Altitudes, NTIS Report DOT/FAA/AM-97/9

 

 
   
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