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PORTRAIT
Fluglehrer mit Passion für die Menschen (3)

Markus Seiler
Fluglehrer mit Passion für die Menschen
Mit Feuereifer Richtung Fluglehrer
   
Tea
…und er ist auch heute noch mit ganzem Herzen dabei

Er sollte bei seinem bisherigen Arbeitgeber nie mehr auftauchen: Als Margrit Sallaz ihn anfragte, ob er als vollamtlicher Segelfluglehrer bleiben könne, hatte sie mit der Geschäftsleitung seines Arbeitgebers schon alles geregelt. Dysli musste nur noch zusagen. Tat er auch und kaufte sich einen Occasionswohnwagen, den er statt des Zeltes auf dem Flugplatzgelände postierte. Wohnwagen hin oder her bestand Dysli im selben Jahr – wir schreiben noch immer 1974 – die Autoprüfung. Und avancierte Ende des Jahres zum Cheffluglehrer Segelflug. Dysli wäre nicht Dysli, wenn er nicht schon damals mehr als nur Fluglehrer gewesen wäre. Den Bereich der Theorie hatte er vorher bereits weiter ausgebaut, und nun packte er den Segelflugunterhalt an. Die Winterpausen der festangestellten Fluglehrer sollten ein Ende haben: Statt in der Wintersaison in der Cafeteria die Zeit zu vertun erledigten die Fluglehrer fortan im Segelflugunterhalt kleinere Unterhaltsarbeiten.

Auch Willi Dysli blieb nicht untätig und lernte Motorfliegen. Er absolvierte den Motorfluglehrer und die B-Theorie und übernahm 1980 den Motorflugbereich in Grenchen, als der bisherige Cheffluglehrer Motorflug die Flugschule verliess. Zu dieser Zeit hatte er längst sein Zigeunertum aufgegeben und Wohnwagen gegen Wohnung getauscht. Dazu hatte ihn offenbar erst der Fakt, dass seine Frau das erste Kind erwartete, gebracht. Zuvor hauste das Paar tatsächlich gemeinsam in Dyslis Wohnwagen.

Als wär’s der eigene Betrieb
Willi Dysli ist angestellt. Als stellvertretender Geschäftsleiter der Flugschule Grenchen, Leiter des Flugbetriebs und als Fluglehrer. Geschäftsleiterin ist seine Frau, Susanne Dysli. Die beiden leiten den Betrieb mit soviel Enthusiasmus und Einsatz, als ob es der Ihre wäre. «Wenn Sie so ein Ding so leiten wollen, dass etwas läuft, müssen Sie das so machen, als ob es Ihr eigener Betrieb wäre», ist er überzeugt. Sein erklärtes Ziel ist, sowohl in technischen wie in betrieblichen Belangen möglichst auf dem neusten Stand sein. Die Flugzeugflotte der Flugschule Grenchen beispielsweise hat ein sehr tiefes Durchschnittsalter: Immer wieder wird investiert in neue Flugzeuge. Flugschüler sollen die Möglichkeit haben, auf modernsten Flugzeugen zu lernen.

«Die Flugschüler investieren so viel Geld, dass sie in jeder Stunde etwas lernen sollen», ist das Credo des Fluglehrers Dysli. Er brauchte keine Motivationsschulung und kein Verhaltenstraining, um zu wissen, dass dies nur mit optimaler Einstellung auf den jeweiligen Schüler möglich ist. Ein schlechtes Beispiel aus eigener Erfahrung reichte: Er hatte das Pech, in seiner eigenen Flugausbildung an einen Fluglehrer der steinzeitlichen Art zu geraten. Dessen Gebrüll im Cockpit blieb ihm unvergesslich. «Ich versuche immer, auf meine Schüler nicht autoritär zu wirken», sagt er nach einigem Nachdenken. Aber er verlange Disziplin und eine gute Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler, eben im Hinblick auf möglichst grossen Profit jeder Flugstunde. Jede Schülerin und jeder Schüler reagiere anders, und darauf habe er sich als Fluglehrer einzustellen: «In dem Moment, wo ich mit einem Schüler ins Cockpit steige, baue ich mit diesem Menschen eine Beziehung auf. Keine dieser Beziehungen ist wie die andere.»

Dieser unmittelbare Kontakt zu den Menschen ist Lebenselixier für Willi Dysli. «Ich könnte nicht den ganzen Tag an einer Drehbank sitzen, ohne einen Menschen zu sehen», ist er überzeugt. Von seinen Schülern habe er viel gelernt. Drei welsche Flugschüler hätten ihm im Cockpit so gut französisch beigebracht, dass er heute problemlos parlieren könne. Anderen habe er sein Wissen an Geologie, Geografie, Aerodynamik und anderem zu verdanken: «Man muss nur zuhören können, dann lernt man enorm viel.»

Nur solange es Spass macht
Der Beruf als Berufung – solange es ihm Spass mache, werde er weitermachen. «Wenn ich eines Tages in das Flugzeug steigen muss anstatt zu dürfen, dann höre ich auf», hat er sich vorgenommen. Und: «Wenn ich Neues nicht mehr anpacken will und auf Erreichtem sitzenbleibe, muss ich mit dem Ganzen aufhören.»

Vorläufig ist er davon weit entfernt und hat viele Visionen und Träume: «Die Flugschule so zu organisieren, dass sie auch nach mir und meiner Frau im Sinne von Otto Sallaz weitergeführt wird.»

Und einmal in einer Mirage mitfliegen zu können. Auf die Erfüllung dieses Traumes hofft Willi Dysli seit langem.




     
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