PEOPLE
PORTRAIT
"Es waren nicht meine Grenzen"
von Susanne Wild, 12. März 1999
 

Von den Langstrecken fasziniert
Long-Ez
Kein Hasardeur
Persönlich
 

Hans Georg Schmid unterwegs mit seiner Long-Ez: Programmieren des GPS in Porto Allegre (Brasilien)
 
Hans Georg Schmid. Wenn er nicht gerade für die Swissair unterwegs ist, umrundet er in einer Long-Ez Südamerika oder fliegt nach Südafrika.

Eigentlich heisst er Hansjörg. Getauft am 21. Oktober 1948. Mit diesem Namen ist er aufgewachsen, und das kleine Buch voller Kindheitserinnerungen erzählt die Geschichte des «Hansjörgli». «Hansjörg will seinen eigenen Weg gehen!» steht sorgfältig neben ein Foto geschrieben, die Tinte verblasst. Der kleine Junge auf dem Bild ist noch nicht einmal ein Jahr alt, als er sich ganz entschieden von der Dame weg stemmt, die ihn an der Hand hält. «Hansjörgli geht auf Entdeckungsreisen» ist zwei Jahre weiter hinten zu lesen: Auf einem schmalen Alpenpfad steht ein lachender Junge, hinter ihm die Berge, über ihm der Himmel.

Einige Jahre später, als das Buch mit den Kindheitserinnerungen gefüllt ist, heisst Hansjörg plötzlich nicht mehr Hansjörg. Als der grosse Junge zu wirklichen Abenteuern aufbrechen will und bei der Gemeindeverwaltung einen Pass beantragt. In den Akten der Behörde war er als Hans Georg aufgewachsen. Ein Hansjörg Schmid existierte nicht.
 
Der Pass blieb, der Name wechselte. Hätte Hansjörg nicht die Welt entdecken wollen, wäre sein Übername HJ. Stattdessen nennen ihn Berufskollegen heute HG ­ für Hans Georg. Hansjörg gibt es immer noch, aber nur vereinzelt und im privaten Umkreis.
 
Das war Hansjörg Hans Georgs erste unliebsame Begegnung mit einer Amtsstelle. Der Freiheitsdrang des kleinen Jungen war mit den Vorschriften von Behörden nicht kongruent.
A330 Kabine
Das schelmische Lachen des kleinen Hansjörg ht sich Hans Georg Schmid bewahrt - die Abenteuerlust auch
Vorschriften. Damit tat sich nicht nur Hansjörgli aus dem kleinen Buch schwer. Auch Hans Georg hielt nicht viel davon. Vorschriften, Verbote oder Ermahnungen waren dazu da, durchbrochen zu werden. Nicht der Rebellion oder des Ungehorsams wegen. Der Entdeckungsdrang des kleinen Jungen von damals forderte einfach nur seinen Tribut. Mit 14 plante er mit Freunden eine fünftägige Velotour. Alles war vorbereitet, er war in seiner Freizeit sogar arbeiten geganen, um das nötige Geld für die Tour zu verdienen. Nur die Eltern waren nicht einverstanden. Jedoch war Mutters Ängstlichkeit kein Hindernis: Geplant waren fünf Tage, erlaubt wurden drei Tage Tessin, durchgeführt zehn Tage Venedig. Bei Nacht und Nebel schlich sich der Teenager aus dem Haus. Ohne den Eltern etwas zu sagen. «Aber ich schrieb jeden Tag eine Postkarte», bringt er heute an.

Die Eltern Schmid waren streng katholisch. Städte wie Paris, Marseille oder Amsterdam galten als gefährliches Pflaster; Orte, die nichts für Jugendliche waren. ­ Hans Georg? Er reiste per Autostopp nach Marseille und Paris. Das grosse Unbekannte, Verbotene und Gefährliche wollte entdeckt sein. Der Junge aus Kriens fand in den grossen fremden Städten, wovor die Elterngeneration gewarnt hatte: Die Leichtigkeit des Lebens, die Freude am Vergnügen. Und Frauen,die an der Strasse auf jemanden zu warten schienen. Die Frauen wussten, dass der Junge wohl kaum genug Geld bei sich hatte, «und ausserdem hatte ich Schiss», wie der grosse Junge heute meint. Aber zum Kaffee trinken und Spässe machen reichte es allemal. «Wir hatten es einfach nur lustig, und was wir taten, war weit davon entfernt, gefährlich zu sein.»

Das Reisen blieb Leidenschaft und Abenteuer. Aber bitte mit Stil: Er reiste immer mit Koffer. «Ich wollte mich ganz bewusst von den Rucksack-Trampern unterscheiden.» Auch dann, als er per Autostop in die Wüste fuhr und wegen einer Panne 48 Stunden in einer Oase festsass, die einzig von ein paar Polizisten beseelt war.




 
     
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