PEOPLE
PORTRAIT

Der zweite Teil eines Fliegerlebens (2)
 
Otto Roth
Er wäre Leader geworden
Schicksalsschläge treiben vorwärts
Persönlich
 
im Cockpit
So kennen ihn seine Schüler: Otto Roth im Cockpit einer Piper Cheyenne

Er wäre Leader geworden
Mit 29 steht Otto Roth vor der schwierigsten Entscheidung in seiner Fliegerlaufbahn. Militär oder Zivilluftfahrt? Patrouille Suisse oder Swissair?

Im Militär lockt die Mirage, bei der Swissair die grossen Airliner. Im Militär wäre sein Pilotendasein mit 36 bis 40 Jahren zu Ende, in der Zivilluftfahrt Jahre später. Nach der aktiven Fliegerlaufbahn irgendwo in einem Büro auf die Pension hinzuarbeiten, will er sich ersparen: Er entscheidet sich für die Swissair. Trotz inneren Kämpfen und Zweifeln. Bei der Patrouille Suisse wäre er der nächste Leader geworden.

Vom agilen Hunter zur trägen Masse der DC 9, vom überlegten Draufgängertum zum passagierkonformen Sicherheitsdenken ­ der Unterschied hätte kaum grösser sein können. In diesem Unterschied sieht Roth den Reiz. «Das Fliegen eines Airliners ist ein Spielen mit der Massenträgheit; zu spüren, wie sich dieses grosse, schwere Flugzeug bewegen lässt, faszinierte mich immer wieder.» Diese Masse zu bändigen und dabei möglichst schnell, ökonomisch und passagierkonform zu sein ist Herausforderung und Ersatz für das einmalige Erleben der dritten Dimension im Militärjet.

In sieben Jahren DC 9 und sieben Jahren DC 10 muss er drei Goarounds einleiten. «Der Entscheid dazu fiel mir jedesmal sehr schwer», sagt er. «Obwohl im Simulator hundertmal geübt, ist man im entscheidenden Moment mental nicht darauf vorbereitet.» Diese Flexibilität unter Druck erkennt er immer wieder als Pilotenproblem.

Schicksalsschläge treiben vorwärts
Es ist das Herz. Medizinische Probleme zwingen Otto Roth 1985 zu einer Neuorientierung. Linienflüge sind nicht mehr möglich. Er wäre in Kürze Captain geworden.

Als «eher optimistischer» Mensch findet er sich auch mit dieser neuen Situation ab. «Nur positive Energien bringen einen weiter», ist er überzeugt. «Auch Schicksalsschläge treiben einen vorwärts.»

«Mein Fliegerleben neigt sich dem Ende entgegen.» Roths sachlicher Kommentar heute. Diese Erkenntnis stimme ihn keinesfalls traurig. «Das Leben ist in verschiedene Phasen aufgeteilt. Ich befinde mich heute in der Phase des Weitergebens an die Jungen.» Seine ganze Erfahrung, sein Wissen und einen Teil seiner Philosophie gibt er an die Flugschüler weiter. Er will sie auch auf den Reifeprozess vorbereiten, den jeder Pilot und jede Pilotin auf die eigene Weise durchmacht. Bei ihm war das Fliegen des Hunters der Höhepunkt des technischen Aspekts der Fliegerei. Danach wurde der Teil «Mensch» immer wichtiger. Mit dem Instrument Flugzeug bildet er Menschen aus, während er selbst kaum mehr fliegt: «Ich muss nicht mehr auf Bäume klettern, um zu wissen, wie es von oben aussieht.»



 
     
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