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Geniesse die Gegenwart und plane für die Zukunft (3)

Markus Seiler
Geniesse die Gegenwart und plane für die Zukunft
Auf Reisen viel gelernt
Kein Glück als Pilot
   
Tea
Während der Auftenthalte auf den Rotationen fand Walter Vorburger die nötige Musse für sich selbst, die er zu Hause nicht hatte

Walter Vorburger bezeichnet sich als sehr weltoffenen Menschen. Ihm war es immer wichtig, während Aufenthalten in fremden Ländern seinen persönlichen Horizont zu erweitern: «Früher waren wir auf den Rotationen oft zwei weg von zu Hause. Da konnte man sich mit dem Land und der Kultur auseinandersetzen.» Die Einblicke, welche er auf diesen Flügen gewonnen hat, bezeichnet er heute «als das Beste an meinem Beruf. Diese Erfahrungen sind unbezahlbar». Noch heute ist er begeistert von den fernöstlichen Philosophien. Und in Südamerika habe er gelernt, im Heute zu leben und nicht in der Vergangenheit zu schwelgen. Ein Grundsatz, dem er bis heute treu geblieben ist.

Kein Glück als Pilot
Deshalb hat er es auch nie bereut, nicht Pilot zu sein. Damals, 1988, als sich abzeichnete, dass früher oder später der Beruf des Flight Engineers verschwinden und dem Zwei-Mann-Cockpit Platz machen würde, hätte er die Chance gehabt, auf Pilot umzuschulen. Doch seine fliegerischen Gehversuche waren nicht vom Erfolg gekrönt: Nach rund neun Stunden im Training in Hausen am Albis gab er auf und kehrte auf seinen angestammten Sitz im Cockpit zurück. «Ich hatte die Dinge im Cockpit nicht so unter Kontrolle, wie ich es gerne gehabt hätte. Deshalb brach ich die Übung ab», gibt er freimütig zu. Bereut hat er diesen Schritt noch nie. «An meinem Platz im Flugzeug habe ich alles unter Kontrolle – genau so muss es sein.»

Instruktion als neue Herausforderung
Herausforderungen hat Walter Vorburger immer gesucht, privat wie auch beruflich. Als bestes Beispiel dafür stehen die ersten Jahre als Flight Engineer auf der DC-8. Damals war alles noch neu und sehr spannend. Doch spätestens nach zwei Jahren, so erzählt Walter Vorburger, hätte er die Abläufe perfektioniert gehabt; die Cockpitroutine hatte ihn eingeholt. Dies war eine schwierige Zeit für den jungen, aufstrebsamen Bordtechniker. «Ich fragte mich ernsthaft, ob dies schon alles gewesen ist in diesem Beruf», erinnert er sich an jene Situation. Ein weiteres Mal half das Schicksal etwas nach. Trotz seines geringen Dienstalters wurde er angefragt, ob er als Instruktor in der Ausbildung arbeiten möchte. Die Anfrage entpuppte sich für ihn als Glücksfall. «Die Instruktion brachte mir persönlich sehr viel, und ich lernte in dieser Zeit viel dazu. Ausserdem machte mir die Arbeit mit den neuen Bordtechnikern grossen Spass.» Und lachend bemerkt er, dass er meist der Jüngere von beiden war.

Nach der Umschulung auf die DC-10 arbeitete er trotz Anfrage nicht mehr als Instruktor. Ausschlaggebend sei der unregelmässige Einsatz zu Unzeiten im Simulator gewesen: Aus familiären Gründen liess er die Instruktion bis heute bleiben. Auch erfüllte ihn seine Rolle im Cockpit wieder mehr – er war zufrieden mit seiner Arbeit. Und er wusste über die Wichtigkeit dieser Arbeit im Cockpit und genoss die Zusammenarbeit mit den Piloten: «Das Teamwork innerhalb der Crews war immer hervorragend; ich fühlte mich immer geschätzt und akzeptiert.»

Neuer Lebensabschnitt beginnt
Hätte er damals die Ausbildung zum Piloten gemacht, würde er jetzt noch nicht vor der Frühpensionierung stehen. Diese steht in wenigen Wochen, voraussichtlich im November, an. Walter Vorburger ist nicht unglücklich über diese Tatsache. «Durch meine Pension bin ich finanziell abgesichert und brauche mir keine Gedanken über die Zukunft zu machen», sagt er. Ausserdem wäre es für ihn kaum in Frage gekommen, bei einer anderen Airline als der Swissair anzuheuern. Jetzt freut er sich auf die Zeit nach der Pensionierung und hat auch schon Pläne für die Zeit danach: «Es ist noch nichts konkret, aber ich habe einige Ideen, was ich in Zukunft machen könnte.»

Die frühe Pensionierung sieht er als Chance, nochmals etwas Neues zu beginnen. Ganz getreu seinem Motto: «Schaue nicht in die Vergangenheit, sondern lebe in der Gegenwart und schaue in die Zukunft.» Und er fügt an: «Die Zeit bei der Swissair war wunderschön, und ich war immer stolz, für diese Firma zu arbeiten. Aber diese Zeit wird schon bald der Vergangenheit angehören.»

Mit der Firma verbunden bleiben werde er auf jeden Fall. Sagt es, und ein Blick in seine Augen zeigt, dass der Abschied doch nicht ganz so leicht fällt. 29 Jahre in der Luft und 13600 Flugstunden haben ihre Spuren deutlich hinterlassen, Vergangenheit hin oder her.




     
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